Geld oder Leben?

Wie viel seines Geldes soll man eigentlich in Aktien stecken? Eine wichtige Frage – und jeder beantwortet sie anders. Da reichen die Meinungen von „kleine Restbeträge“ bis hin zu „alles, was geht“.

So gibt es seit einiger Zeit eine wachsende Bewegung namens „fire“. Diese vor allem jungen Menschen sind von den Möglichkeiten der Börse begeistert und deshalb felsenfest überzeugt, dass sie schon mit Mitte 40 in Rente gehen werden. Dafür schränken sie ihr Leben massiv ein und sparen sich buchstäblich jeden Cent vom Munde ab, um ihn in Aktien zu stecken.

Andererseits kenne ich auch Anleger, die maximal das Weihnachtsgeld an die Börse tragen, weil sie sich gern Urlaube, Restaurantbesuche oder ein schönes Hobby gönnen. Beides geht aus meiner Sicht in Ordnung. Das Wichtigste ist, dass man mit seiner Investmentstrategie gut schlafen kann. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle vor einer falschen Einschätzung der Börse warnen – und das gilt in beide Richtungen!

Wer schon die Rente mit 40 vor Augen hat, weil er auf allzeit hohe und verlässliche Aktienrenditen setzt, der könnte enttäuscht werden. Schließlich gibt es am Aktienmarkt keine Garantien, schon gar nicht mit den falschen Titeln im Depot. Die meisten, die im Jahr 2000 im Überschwang all ihr Geld am Neuen Markt investiert haben und schon innerlich gekündigt hatten, arbeiten heute immer noch. Und auch künftig kann es natürlich jederzeit eine Phase ohne steigende Kurse geben. Wer dann die finanzielle Freiheit dahinschwinden sieht, gerät leicht in Panik und macht umso eher Fehler.

Auf der anderen Seite ist es aber auch bedauerlich, wenn manche Menschen die Börse weit unter ihren finanziellen Möglichkeiten nutzen. Zum einen, weil mit den richtigen Aktien im Depot die Kurse auf lange Sicht weitersteigen dürften, zum anderen wegen der Dividenden. Je mehr Aktien im Depot liegen, desto mehr Gewinnbeteiligung kassiert man logischerweise. Legt man dieses Geld regelmäßig zusätzlich wieder an, dann entsteht über die Zeit ein regelrechter Zinseszins-Turbo im Portfolio. Es lohnt sich also doppelt und dreifach, wenn man tatsächlich verfügbares Geld auch wirklich in Aktien steckt!

Geld oder Leben? Diese Entscheidung muss beim Investieren letztlich jeder für sich selbst treffen. Als langjähriger Börsenpraktiker möchte ich Ihnen aber folgenden Tipp mit auf den Weg geben: Halten Sie die Börse nicht für berechenbar, aber wissen Sie um Ihre langfristige Kraft – und nutzen Sie diese! Denn dann haben Sie irgendwann hoffentlich viel Geld UND können gut leben …

In diesem Sinne
Ihr

Joachim Brandmaier

Newsletter vom 28. Juli 2021

Joachim BrandmaierBörsenpraktiker 
Stuttgarter Aktienbrief „Börse Aktuell“

Zum Newsletter anmelden