Geldmarktanlagen und inverse Zinsstruktur

Prof. Dr. Stefan May

Geldmarktanlagen wie Tagesgelder, kurzlaufende Festgelder und Anleihen mit kurzen Restlaufzeiten, Geldmarktfonds usw. sind derzeit in aller Munde und tauchen auch sehr häufig in der Fachpresse auf. Der Grund hierfür: Die aktuelle Zinskurveninversion.

In normalen Zeiten gilt, dass Zinsanlagen mit längeren (Rest-)Laufzeiten höher rentieren, als solche mit kürzeren. Grund: Je länger das eingesetzte Kapital gebunden ist, desto größer ist der Liquiditätsverzicht und gegebenenfalls auch das Risiko mit Blick auf eine ordnungsgemäße Zins- und Rückzahlung.
Aufgrund der aktuellen besonderen geopolitischen und wirtschaftlichen Umstände ist die Situation am Kapitalmarkt momentan aber gerade umgekehrt: Kurze Laufzeiten rentieren höher als lange. Diese ungewöhnliche und eher seltene Zinskonstellation wird als „inverse Zinskurve“ bezeichnet.

Die aktuell besonders hohe Attraktivität von Geldmarktanlagen bietet sich aber nur in einem „Zeitfenster“, welches sich über kurz oder lang wieder schließen wird, was durch folgende Grafik deutlich werden sollte.

Es zeigt sich, dass Inversionsphasen immer nur vorübergehende Phänomene waren, die im Durchschnitt knapp zwei Jahre dauerten. Anschließend normalisierte sich das Zinsgefüge wieder, in den meisten Fällen verbunden mit einem allgemein sinkenden Zinsniveau.
Damit werden Geldmarktanlagen aber nicht völlig unnütz, sondern treten gewissermaßen wieder zurück in „Reih und Glied“ und können dann­ – völlig unabhängig von der jeweils vorliegenden Zinssituation – immer noch ihre drei charakteristischen Vorzüge ausspielen: Sie sind schnell liquidierbar, die voraussichtliche Zielrendite der Anlage spiegelt stets die jeweils aktuell herrschende Zinssituation am Geldmarkt wider und sie sind unter allen Kapitalmarktanlagen die mit dem geringsten Risiko.
Ganz grundsätzlich sind Geldmarktanlagen daher passend, wenn man sein Geld – aus welchen Gründen auch immer – (noch) nicht langfristig festlegen, sondern auf unbestimmte, aber vorübergehende Zeit anlegen möchte. In einer solchen Situation sind sie auch dann noch sinnvoll, wenn die Zinskurve einmal nicht mehr invers sein sollte.

Newsletter vom 28. Februar 2024

Prof. Dr. Stefan May – Leiter Anlagemanagement
Quirin Privatbank AG

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