SDG-Halbzeitbilanz – Investoren brauchen bessere Daten zur Lenkung ihrer Investitionen

Rolf D. Häßler

Die Halbzeitbilanz fällt ernüchternd aus. Viele der im Jahr 2015 verabschiedeten 17 Haupt- und 169 Unterziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen, der Sustainble Development Goals, sind nicht erreicht und wahrscheinlich auch nicht mehr erreichbar. So belegt der jüngst erschienene Global Sustainable Development Report 2023, dass lediglich 15 Prozent der analysierten 140 Einzelmaßnahmen im Zeitplan liegen. Bei mehr als 30 Prozent der Ziele gibt es keine Veränderung oder es wurden seit 2015 sogar Rückschritte verzeichnet. Als Ursachen dafür werden unter anderem die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Schuldenkrise in den Ländern des globalen Südens genannt. Zum Gesamtbild gehört auch, dass die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit weltweit stagnieren und ausländische Direktinvestitionen in den Ländern des globalen Südens nicht signifikant steigen.

Eine Hoffnung, die zur Erreichung der SDGs notwendigen Investitionen zu finanzieren, ruhte und ruht auf privaten Investoren. Und in der Tat bilden die farbenfrohen Nachhaltigkeitsziele für viele institutionelle Anleger neben dem Pariser Klimaabkommen eine wichtige Referenz für die Steuerung der Investments und die Messung der nachhaltigkeitsbezogenen Wirkungen ihrer Kapitalanlagen. Dabei geht es regelmäßig um die Frage, wie die Unternehmen, in deren Aktien und Anleihen man investiert, zur Erreichung der SDGs beitragen. Und so, wie man sich als Investor die CO2-Emissionen der investierten Unternehmen in der eigenen Klimabilanz anlasten muss, verbucht man die SDG-bezogenen Beiträge auf der Habenseite.

Allerdings greift diese Betrachtungsweise zu kurz. Natürlich leistet auch die neue Windkraftanlage in der Oberpfalz einen Beitrag zu SDG 7 und trägt die energetische Sanierung zu SDG 13 bei. Im Fokus der SDGs ist aber die Lebenssituation der Menschen im globalen Süden, bei denen elementare Bedürfnisse wie Nahrung, Wohnraum und Arbeit im Vordergrund stehen. Um hier privates Kapital gezielter einsetzen zu können, benötigen wir vor allem bessere Daten zur Frage, welche Unternehmen mit welchen Produkten und Leistungen wo zur Erreichung der SDGs und damit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen im globalen Süden beitragen. Hier sind insbesondere die Anbieter der ESG-Ratings gefordert, detailliertere Analysen durchzuführen und bereitzustellen, damit Investoren ihre Investments gezielter lenken und die erzielten Wirkungen fundierter messen und darstellen können.

Newsletter vom 27. September 2023

Rolf D. Häßler – Geschäftsführer
NKI Institut für nachhaltige Kapitalanlagen

Zum Newsletter anmelden