Neuzeit

Vor allem seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde eine Dynamisierung der wirtschaftlichen Entwicklung sichtbar. Die Handelskammern beteiligten sich nach der napoleonischen Besetzung an der Entwicklung neuer Perspektiven für die linksrheinischen Gebiete. Der Eisenbahnbau führte zu einer Verlagerung der Produktionsschwerpunkte, damit wuchs die Bedeutung der Steinkohle durch vereinfachte Transportbedingungen. Die neue Form der Aktiengesellschaft erwies sich als geeignete Basis, das zum Bau der Eisenbahn erforderliche Kapital aufzubringen. Als Synergieeffekt gewann das Börsenwesen an Bedeutung. 1871 förderten die französischen Reparationen Liquidität und Finanzierungsmöglichkeiten. Die Gelder wurden aber im Gründerboom angelegt und in neue Aktiengesellschaften investiert. Die Disproportionalität zwischen Angebot und effektiver Nachfrage äußerte sich schließlich in Produktionsrückgang, Arbeitslosigkeit, Preisverfall und Unternehmenszusammenbrüchen. Nach Überwindung dieser sogenannten Reinigungskrise entwickelte sich Deutschland zur zweitgrößten Industriemacht der Welt sowie dem drittgrößten Kapitalexporteur.

1813: „Reglement für die innere Polizei der Börse“
Im Rahmen französischer Bemühungen, in den linksrheinischen Ländern den Börsenverkehr wiederzubeleben, wurde durch ein Dekret Napoleons am 4. November 1811 in Köln eine Börse gegründet. Die Handelskammer verzögerte jedoch die Eröffnung. Die schließlich am 1. Oktober 1820 eröffnete Börse orientierte sich in ihrer Organisation an dem „Reglement für die innere Polizei der Börse“ vom 13. Januar 1813. Es regelte neben den Börsenzeiten vor allem die Tätigkeit der Makler und Börsenaufsichtsbehörde. Syndici dienten als innere Polizei gegen sogenannte Pfuschmakler.

1841: Errichtung eines Getreidemarktes in Düsseldorf
Düsseldorf eröffnete einen Getreidemarkt aufgrund der zentralen Verkehrsanbindung an den niederrheinischen Getreidehandel.

1843: Umzug der Kölner Börse
Die Kölner Börse zog in das alte Tempelhaus an der Rheingasse um.

1853: Entstehung der Düsseldorfer Börse
Aus dem Getreidemarkt entwickelte sich in Düsseldorf eine Zentralhandelsbörse.

1855: Entstehung der Essener Börse
Im Rahmen regelmäßiger sonntäglicher Verhandlungen entstand die
Essener Börse aus einem privaten Börsenverein. Sie existierte zunächst nur bis 1857.

1856: Kölner Börsenordnung
Die 1856 erlassene Börsenordnung stellte die Kölner Börse unter die Aufsicht der Handelskammer und wurde 1861 durch das Allgemeine Deutsche Handels-Gesetzbuch überholt.

Wiederum spielte die Kölner Börse eine untergeordnete Rolle, obwohl zwei bedeutende Kölner Bankiers, Gustav Mevissen vom Abraham Schaaffhausen’schen Bankverein AG und Abraham Oppenheim an der Gründung der Darmstädter Bank beteiligt waren. Dieses Institut sollte sich verstärkt der Emission und dem Erwerb von Wertpapieren, dem Gründungsgeschäft und der Finanzierung großer Industrieprojekte, vor allem Eisenbahnen, widmen.
Der Aktienhandel setzte zögernd ein und blieb auf lokale Werte reduziert:

  • Kölner Berkwerks-Verein
  • Kölnischer Maschinen-Bau
  • Kölnische Baumwollspinnerei
  • Kölner Versicherungsgesellschaften
  • z.T. Rheinische Bahn, Köln-Mindener Eisenbahn.

1865: „Allgemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865“
Gewerkschaften wurden nunmehr als juristische Personen angesehen und entwickelten sich zur alleinigen Eigentümerin des Bergwerks und des sonstigen Vermögens. Der Kux stellte nun einen mobilen Bestandteil des Vermögens dar. Sie lauteten nicht auf den Inhaber, sondern auf den Namen des Gewerken. In Düsseldorf wurden 1865 erstmals handelbare Kuxe umgesetzt.

1865: Gründung der Essener Börse
Die Essener Börse wurde am 21. Dezember 1865 auf Veranlassung des Bergbauvereins wieder ins Leben gerufen. Handelsobjekte waren Kuxe, Aktien von Bergwerks- und Hüttengesellschaften, Industrieanleihen und Aktien der Rheinischen und Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft.
Die 1865 beantragte Verleihung des amtlichen Charakters für die Börse wurde 1866 abgelehnt.

1865: Richtlinien für die Düsseldorfer Börse
1865 erfolgte eine Aufstellung von Richtlinien für die Waren und Werte, die an der Düsseldorfer Börse umgesetzt werden sollen.

1870: Regelung des Kölner Börsenhandels
1870 erging ein „Handelsbrauch der Kölner Produktenbörse“, 1872 folgte die Regelung über den „Handelsbrauch der Kölner Produktenbörse“.

1873: Wertpapiere in Köln zum amtlichen Handel zugelassen
Die Kölner Handelskammer erhielt die Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen Handel.

1875: Erste Düsseldorfer Börsenversammlung
Am 18. Januar 1875 fand die erste Düsseldorfer Börsenversammlung im Rittersaal der Tonhalle statt.

1875: Umzug der Kölner Börse in den Gürzenich
Die Kölner Börse bezog die Räumlichkeiten des Gürzenich.

1880: „Börse für die Stadt Essen“
Die Essener Börse wurde der Aufsicht der Handelskammer unterstellt. Gleichzeitig erhielt sie eine Börsenordnung. Ihren warenbörslichen Charakter unterstrichen montane und metallurgische Produkte sowie der An- und Verkauf von Anteilen an industriellen „Etablissements“.

1884: Düsseldorfer Börse gewinnt amtlichen Charakter
Die Düsseldorfer Börse wurde der Aufsicht der königlichen Regierung zu Düsseldorf unterstellt. Im gleichen Jahr erhielt sie eine Börsenordnung und gewann damit amtlichen Charakter. Das Amt des Regierungskommissars bekleidete der Bankier Christian Trinkaus als damaliger Vorsitzender der Börse. Wie in Essen sollte der Handelsschwerpunkt in den Montanwerten liegen. Düsseldorf profitierte aber auch von der Eisenbahnanbindung an das rheinisch-westfälische Industrierevier. Die Düsseldorfer Börse verlor allmählich den Charakter der Produktbörse und entwickelte sich zur reinen Montanbörse mit Umsätzen in Kohle (bis zu 30 Kohlesorten), Erze, Stahl und Eisen.

1896: Börsengesetz
Das Börsengesetz in der Fassung vom 22. Juni 1896 enthielt Bestimmungen über die Genehmigung von Börsen, Staatsaufsicht und Bestellung von Staatskommissaren, den Börsenvorstand, Börsenordnung und Gebührenordnung, die Börsenzulassung von Personen, den Ehrenausschuß, Kursmakler, Preisnotierung, Zulassung von Wertpapieren, Terminhandel.

1897: Aufschwung in Essen durch Kalikuxe
Essen profitierte von der deutschen Sicherung des Weltmonopols in Kali. Die Notierung von Kalikuxen kompensierte den Verlust des Kohlehandels durch das Rheinisch-Westfälische Kohlesyndikat.

1898: Köln etabliert sich als Spezialmarkt für Versicherungswerte
Köln entwickelte sich zum Zentrum für Versicherungsunternehmen, dadurch konnte sich ein bedeutender Spezialmarkt bilden, der sich auch in den Börsenumsätzen spiegelt. Der Kurszettel von 1898 verzeichnete 51 in- und ausländische Fonds, 25 Bank-, 28 Versicherungsaktien sowie 50 Bergwerks- und Hüttenaktien.

1900: Umzug der Düsseldorfer Börse
Die Düsseldorfer Börse zog in den Saal des Rheinhofs, als die Zahl der Besucher sich auf durchschnittlich 300 Besucher täglich erhöhte.

1905: Allianz der Düsseldorfer und Essener Börsen
Die Düsseldorfer und Essener Börsen schlossen eine Allianz und hielten ihre Börsenversammlungen seit November 1905 turnusmäßig in beiden Städten ab.