Ende des US-amerikanischen Exzeptionalismus?

Momentan läuft es gut für Trump. Er hat sein großes Steuersenkungspaket durch den Kongress gebracht und die Zölle auf schwindelerregende Höhen getrieben. Der Arbeitsmarkt ist erstaunlich robust, die Inflationsrate liegt bei 2,4 Prozent. Die Anleiherenditen sind trotz der absehbar hohen Defizite der kommenden Jahre sehr moderat.
Wir sind ein wenig skeptisch, ob es weiterhin so gut laufen wird. Zunächst einmal sollten die Zölle für steigende Preise sorgen. Dies dürfte sich vermutlich bereits in den Inflationsdaten vom Juli, spätestens aber in jenen vom August zeigen, und wird die Kaufkraft der privaten Haushalte entsprechend schmälern. Gleichzeitig wird es eine spürbare Entlastung aus der One Big Beautiful Bill für die meisten Haushalte nicht geben, schließlich verlängert dieses Steuersenkungsgesetz nur bereits bestehende Steuervergünstigungen, das allerdings auf einem nicht nachhaltigen Niveau. Fiskalischen Spielraum haben die USA auf jeden Fall nicht mehr. Für die Unternehmen kommt hinzu, dass das Zollchaos die Planungssicherheit beeinträchtigt, auch für Unternehmen in den USA.
In Europa stellt sich die Lage anders dar. Die Inflation sollte auf absehbare Zeit niedrig bleiben. Fiskalisch hat zumindest Deutschland noch Gestaltungsmöglichkeiten und kann die Ausgaben in den kommenden Jahren kräftig erhöhen. Die privaten Haushalte sitzen nach wie vor auf hohen Ersparnissen und könnten – sobald sich die Stimmung etwas aufhellt – den Konsum ankurbeln. Natürlich leiden auch die europäischen Unternehmen unter Trumps Zollchaos, doch bisher haben sie die Zölle ganz gut weggesteckt. Zudem kommt von der europäischen Seite keine zusätzliche Unsicherheit hinzu.
Was heißt das für den Anleger?
Gerade für europäische Anleger hat sich das große Gewicht, das US-amerikanische Aktien in den Portfolien ob der rasanten Wertentwicklung der vergangenen Jahre aufgebaut hatten, in diesem Jahr als nachteilig erwiesen. Nicht zuletzt aufgrund der Schwäche des US-Dollars, von der wir annehmen, dass sie sich fortsetzen wird. Insofern gibt ein ordentlicher Anteil europäischer Aktien im Portfolio durchaus Sinn. Allerdings sollte man die USA auch nicht abschreiben, nicht zuletzt aufgrund der Dominanz ihrer Technologieunternehmen. Am Ende kommt es eben nicht darauf an, ob einem die Politik schmeckt oder nicht, sondern ob die Unternehmensgewinne wachsen. Und das tun sie in den USA bisher immer noch ordentlich.