„Uninvestierbarkeit“ trifft auf „Kriegs-FOMO“

Der letzten Donnerstag gestartete Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gilt als „Zeitenwende“ und hat auch für die Märkte sowie das Finanzsystem tiefgreifende Auswirkungen: Erweiterte Finanzsanktionen, teilweiser Ausschluss aus dem globalen Zahlungssystem, massenhafte Aussetzungen von Börsennotierungen, Rückzug westlicher Firmen vom russischen Markt und vieles mehr. Große Indexanbieter und KVGs planen das bisherige Schwellenland aus ihren Produkten auszulisten, weil es nun als „uninvestierbar“ gilt.
Der DAX rutschte zunächst schnell unter die Marke von 14.000 Punkte und fiel trotz zwischenzeitlicher Erholung gestern auf den Stand von vor zwei Jahren zurück.

Doch Krieg kann auch ein Konjunkturmotor sein: Nach der Regierungsankündigung vom Sonntag, die Bundeswehr kurzfristig mit 100 Mrd. Euro Sondervermögen auszustatten, haben sich die Kurse der börsennotierten deutschen Rüstungskonzerne Rheinmetall und Hensoldt im Vergleich zum Jahresstart verdoppelt. Noch heftiger stiegen solche Titel am Montagmorgen, als die ersten Handelsplätze eröffneten und manche Anleger diese Chancen um keinen Preis verpassen wollten. Diese „Fear of missing out“ im Zusammenhang mit einem Krieg in Europa ist erschreckend. „Kriegs-FOMO“ hat schon jetzt einen Platz auf unserer Kandidatenliste für das Börsen-Unwort 2022.
Positive Effekte verzeichnete auch das Geschäftsfeld der erneuerbaren Energien, denn die bestehende Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten aus Russland ist in der Gesellschaft plötzlich bewusst geworden.

Seit fast einer Woche ist also ein Krieg in Europa das allesbeherrschende Thema. Es ist nicht das einzige für die Finanzmärkte, aber dessen Entwicklungen und Auswirkungen sind vielleicht am wenigsten absehbar.

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Newsletter vom 02. März 2022

Thomas Strelow, Börse Düsseldorf

Foto Thomas Strelow