Zollchaos in den USA – Europa als relativer Profiteur?

Dr. Martin Moryson

Das Zoll-Chaos in den USA geht weiter. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Prognosen revidiert: für die USA nach unten, für Europa nach oben.

Für die USA wirken die Zölle und vor allem die hohe Unsicherheit hinsichtlich der Handelspolitik wie ein (negativer) Angebotsschock. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Inflationsprognosen für die USA kräftig nach oben revidiert und die Wachstumsprognosen gesenkt, weil die Zölle die Kaufkraft der Konsumenten schmälern und das Hin und Her die Unternehmer Investitionsentscheidungen verschieben lässt.

Die Zölle treffen nicht nur die USA, sondern fast alle anderen Länder auch; nur dass dort die Zölle wie ein Nachfrageschock wirken. Wachstum und Inflation gehen dann zurück. Daher haben wir für China die Prognosen ebenfalls gesenkt, allerdings nur geringfügig, weil hier der Staat Gegenmaßnahmen ergreift, die die Wirtschaft wieder stützen sollten. Für Europa hingegen haben wir unsere Prognosen sogar etwas nach oben genommen. Das überrascht auf den ersten Blick, liegt aber daran, dass der Handel mit den USA beileibe nicht die einzige wirtschaftliche Treibkraft ist. So unterstützt die überfällige Erholung im Verarbeitenden Gewerbe das Wachstum. Selbst die Produktion im Baugewerbe, das von Lieferkettenproblemen, Inflation und Zinsanstieg besonders betroffen war, erholt sich.

Dabei muss man bedenken, dass die Bauindustrie nicht nur den privaten Wohnungsbau umfasst, sondern auch den gewerblichen Bau und den eher staatlich geprägten Tiefbau. Dieser sollte insbesondere in Deutschland von dem Investitionsprogramm der Bundesregierung profitieren. Und schließlich gibt es auch im Wohnungsbau einiges an Nachholbedarf.
Alles in allem sind wir recht zuversichtlich, dass es mit der europäischen Wirtschaft und der deutschen insbesondere trotz des Zollkonfliktes mit den USA bergauf geht.

Was heißt das für den Anleger?
Gerade in so unsicheren Zeiten wie diesen, ist Diversifikation das Gebot der Stunde. Für Investoren bietet Europa derzeit interessante Möglichkeiten dafür. So können einem globalen Portfolio nicht nur europäische Aktien und Anleihen beigemengt werden, sondern auch Immobilien und Infrastrukturprojekte.

Newsletter vom 4. Juni 2025

Dr. Martin Moryson – Chefvolkswirt Europa
DWS

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